OK! Angefangen hat es nur mit Danni in Kalkutta. Der Einfachheit halber hatten wir uns Mittags im Hotel verabredet, welches Danni vorher organisiert hatte. Für mich der pure LUXUS!
Was für ein Bad! Aber wir waren ja nicht wegen dem Hotelzimmer in Kalkutta, sondern wegen der Stadt. Also schnell raus auf die Straße und zunächst einmal in Richtung von ein paar Sehenswürdigkeiten. Und die lagen irgendwie viel näher zusammen als zunächst gedacht. So beschlossen wir einfach mal an der St. Pauls Cathedral zu beginnen. Eine sehr interessante Kirche mit ein paar sehr schönen Schnitzereien. Dazu einige Gräber und Gedenktafeln… und ein Fotoverbot. Das interessanteste war jedoch die Decke. Von dieser war ein Gestell abgehangen, welches über und über mit Ventilatoren bestückt war. Damit hätte man nen ganzen Orkan auslösen können 😉
Der nächste Programmpunkt war das Victoria Memorial bei dem Danni nach zähen Verhandlungen dann auch den Eintrittspreis für Inder zahlen durfte; ein Recht, dass ihr nun einmal zusteht. Dafür, dass ich den zehnfachen Preis zahlen musste, bekam ich auch das schönere Ticket 😉 Das Victoria Memorial beinhaltet auch ein kleines Museum, welches aber weitaus uninteressanter war als das Gebäude und die Parkanlage an sich… Einen netten Fußmarsch weiter kamen wir dann an eine Pferderennbahn, auf der wir zwar hätten Wetten können, aber kein Rennen sehen… Grund? Die Rennen waren an diesem Wochenende alle auf Rennbahnen außerhalb Kaluttas; kein Grund für die Inder nicht auch auf diese Rennen zu wetten. Geld genug war jedenfalls vorhanden, wenn man dem Fuhrpark vor der Anlage vertrauen durfte. Mit der Straßenbahn ging es dann zurück Richtung Kathedrale, wo auch das Planetarium angesiedelt war. Hier wurden die Erklärungen wirklich noch Live vorgelesen und eingespielte Dias von Hand eingelegt! Die ältere Dame am Mikrofon erbat sich hier und da dann auch mal immer wieder Ruhe, damit ihr Vortrag auch Gehör finden konnte! Abschließend noch ein wenig gegessen, und der Tag war auch schon rum. Den zweiten Tag in Kalkutta stand nichts Besonderes auf dem Plan. Also ein wenig durch die Stadt treiben lassen. Auf dem Zentralmarkt war an einem Sonntag irgendwie nicht ganz so viel los. Trotzdem wurden die Hühner, welche zuvor in engen Käfigen vor sich hinwegitierten (ja, den Hühnern geht es hier nicht besser als bei einem Transport in Deutschland), geschlachtet. Um das ganze Feeling von Kalkutta mitzunehmen haben wir danach eine Rikscha genommen. Keine Pferde- oder Motorrikscha, sondern eine mit einem Zieher. Die gibt es fast nur noch in Kalkutta. Ich kann euch sagen, dass es ein echt komisches Gefühl war sich von diesen armen Menschen ziehen zu lassen. Aber: Ist man ein „schlechter“ Mensch, weil man sich von den Männern herumfahren lässt, oder ist es so, dass man diesen Menschen einen Job gegeben hat, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können? Wir haben uns auf die zweite Seite eingeschossen und eine Rikscha für jeden von uns genommen. Dazu haben wir bestimmt einiges mehr gezahlt als ein Inder… Das komische Gefühl blieb trotzdem…
Auf dem Weg zum Blumenmarkt kamen wir durch einige sehr befremdliche Straßen. Ein augenscheinlich gutes Viertel mit Banken, Geschäften und Häusern im Kolonialstil war gepflastert mit Leuten die auf der Straße lebten. Ein Geruch von Urin war allgegenwärtig. Mal mehr, mal weniger… Schwer zu greifen! Dafür war der lebhafte Blumenmarkt umso schöner. Danni bekam sogar eine Blumenkette geschenkt.
Zu guter Letzt wollten wir Kalkutta nicht verlassen ohne das Haus von Mutter Theresa gesehen zu haben. Ein ruhiger und friedlicher Ort. Nur tun einem die Nonnen leid, welche noch immer hier leben und ihren Dienst in ihrem Sinne verrichten. Man kann vielleicht nicht von einem Besucheransturm reden, aber es ist auch nicht ganz weit davon weg…
Vor der weiterfahrt mit dem Zug hatten wir richtig Hunger auf Pizza. Also nen Taxi genommen und los… Nur waren wir hier an einen echten Abzocker geraten. DA wir auf das Taxometer bestanden haben wurden wir mit ewigen Umwegen herumgefahren, ohne dass wir letztlich unser Ziel erreichten. Immerhin waren wir in der „Nähe“ unseres Hotels, hatten aber kaum noch Zeit für ein schönes Essen. Den Taxifahrer speisten wir mit nicht einmal der Hälfte des Meterstandes ab. Für unseren eigentlichen Weg immer noch zu viel… Naja: Das passiert nicht nur in Indien!
Auch die Bahnfahrt nach Varanasi war sehr angenehm. 1. Klasse Sleeper. Dabei weiß man vorher nicht ganz genau was man bekommt. 2er oder 4er Kabine? Schlafplätze oben oder unten? Man kennt hoffentlich seinen Namen, denn an den Bahnsteigen hängen Listen auf denen man ersehen kann, welcher Schlafplatz einem zugeteilt wurde und in welchem Waggon dieser zu finden ist. Wir hatten nen 4er Abteil mit den oberen Liegen. Die beiden Inder, welche mit uns zusammen die Nacht verbrachten, wären wohl auch kaum auf die oberen Liegen gekommen 😉 Der Mann schien sich zudem gut auszukennen: Am Morgen waren wir ein wenig „nervös“, das wir ja nicht den Bahnhof verpassen… Und er konnte uns gut beruhigen und frühzeitig mitteilen, dass wir uns dann mal fertig machen sollten. Nette Inder!
Am Bahnhof bekamen wir dann auch gleich eine Prepaid Motorrikscha, nachdem wir stur alle anderen Angebote überhört hatten, und schon waren wir in einem sehr nett gelegenen Hotel mit einer schönen Dachterrasse auf der lediglich das Frühstück eine etwas bessere Qualität hätte haben sollen. Jede Etage hatte zudem einen netten Balkon, und nachdem wir uns frisch gemacht hatten ging es los zu den Ghats. Das Wasser des Ganges sieht schon nicht wirklich gut aus, aber wenn man weiß, wie schlecht es ist, ist man umso schockierter wenn man sieht, dass die Inder dort wirklich schwimmen, waschen, abwaschen etc! Überall! An jedem einzelnen Ghat. Und es gibt wirklich eine Menge Ghats! An jedem wird man angesprochen ob man nicht eine Bootstour machen will… Insgesamt sah der Ganges ganz schön leer aus. Trotzdem sollen die tiefen Stellen noch immer um die 70m haben! Das muss so richtig steil abgehen.
Richtig mulmig wurde es dann, als wir uns dem ersten Burning Ghat näherten. In Varanasi gibt es 2 davon. Klar hatten wir schon einiges darüber gelesen und auch drüber gesprochen, aber es dann wirklich vor einem zu sehen ist doch etwas anderes. Als erstes fallen die Feuer und die riesigen Mengen Holz auf. Man hält sich automatisch entfernt von den Feuern, kann aber nicht umhin diese anzugucken. Im Hintergrund wird es laut, und ein Trauerzug bahnt sich seinen Weg zum Ghat. Das sieht bei weitem nicht so geordnet aus wie bei uns. Die Menschen tragen ihr Alltagskleidung. Nur der Ehemann (oder älteste Sohn) trägt weiße Kleidung und hat sich die Haare rasiert… In der Mitte des Trauerzuges befindet sich die Bahre mit der bunt verhüllten Leiche. Diese wird zuerst in den Ganges gestellt und dem Toten wird 5 Mal Wasser aus dem Ganges in den Mund geschüttet. Zum Glück ist die Leiche dabei weiterhin verhüllt, so dass das Wasser doch eher über den Kopf gegossen wird. Der Tote wird jedenfalls ein wenig im Ganges liegen gelassen. Dazwischen wuseln Hunde, Ziegen und Kühe herum. Es stört auch niemanden, wenn die Kühe an den Blumenschmuck der Bahre gehen und diese dadurch fast abdecken. Auch die Stimmung ist eigenartig. Keine Trauer, aber auch keine Freude. Es ist fast Emotionslos. So etwas kennen wir gar nicht. Als nächstes wird die (zum Glück) weiterhin verhüllte Leiche auf den vorbereiteten Holzhaufen aufgebahrt und es wird Feuer von der „ewigen“ Flamme (oder auch Initial Flame) geholt. Bei entzünden des Holzes dürfen keine Frauen anwesend sein. Und auch die Männer gehen oft schon nach 5 bis 10 Minuten ihrer Wege. Da Holz doch sehr teuer ist haben die wenigsten Menschen das Geld so viel Holz zu kaufen (etwas ueber 110 EUR), dass der gesamte Körper verbrennt. Das Becken (bei den Frauen) und die Brust (bei den Männern) verbrennen meist nicht ganz und werden danach einfach in den Ganges geworfen. Direkt daneben sind wieder Menschen im Wasser die sich waschen, schwimmen… Interessant ist evtl auch die Tatsache, das Kinder unter 10 Jahren, schwangere Frauen, Heilige, Menschen , die von einer Schlange getötet wurden, Lepra-Tote und Menschen, die an einer Seuche gestorben sind nicht verbrannt werden dürfen. Hier wird „einfach“ ein schwerer Stein an den Toten gebunden, auf den Ganges hinausgefahren und die Leiche versenkt. Alles wiederum ohne jede Emotion. Der Glaube verspricht ja eine Widergeburt. Und das neue Leben wird evtl. besser. Also warum traurig sein?! Insgesamt werden an jedem der 2 Ghats zwischen 50 und 60 Tote verbrannt oder versenkt; taeglich!
Woher wir das alles wissen? Die Inder an den Burning Ghats sind stolz auf ihre Religion und Tradition und sagen: „Guckt es euch an. Wenn ihr es euch nicht anseht, wie wollt ihr uns dann verstehen?!“ Und so erklären sie einem das ganze Prozedere ausführlich. Im Lonley Planet stand geschrieben, dass sie dafür zum Schluss ein üppiges Trinkgeld fordern. Daher während der Erklärungen ein total mulmiges Gefühl. Auf der einen Seite war es sehr interessant, auf der anderen Seite war man immer argwöhnisch. In diesem Fall umsonst. Der nette Herr forderte uns nicht auf. Manchmal ist der Argwohn einfach falsch, auch wenn er meistens angebracht ist… Man muss ganz klar sagen, dass die Burning Ghats bestimmt nicht das Schönste an Varanasi sind, aber auf alle Fälle das Interessanteste! Und wenn man es selbst nicht erlebt hat, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass einem dies doch sehr seltsam vorkommt. Ich glaube ich muss nicht extra erwähnen, dass man aus Gründen des Respekts an diesem Ort keine Fotos schießt.
In der Mittagszeit nahmen die Temperaturen an den schattenfreien Ghats enorm zu, weswegen wir uns in die Altstadt begaben. Super winzige Straßen. Alle verdreckt mit Müll und Kuhdung. Dazu die ganzen Menschenmassen, Kühe und dazwischen noch die Mopedfahrer! Der helle Wahnsinn, der einen echt wahnsinnig machte. Von der „ruhigen“ und bedächtigen Stimmung der Ghats war hier nichts mehr zu spüren. Aber es war ein wenig Kühler J Immerhin! Am nächsten Morgen sind wir extra früh raus aus dem Bett, da der Soonenaufgang bei einer Bootstour auf dem Ganges besonders interessant sein soll. Leider war unser Ruderbootfahrer ein wenig faul und ließ das Boot fast nur treiben, so dass wir die „Hot Spots“ leider nicht zu Gesicht bekamen. Er dafür auch kein Trinkgeld. Da die Innenstadt nun nicht gerade das interessanteste war, beschlossen wir auch mal das Unigelände in Augenschein zu nehmen. Unser Transportmittel war die Fahrradrikscha. Und auf dem etwas ruhigeren Unigelände konnte ich das Gefährt auch mal übernehmen. Das ist echt ne Sache für sich. Das ganze Ding zog permanent nach links, hatte keine Gangschaltung (eine einfache Dreigangschaltung würde hier Wunder bewirken) und keine funktionierenden Bremsen. Also seeehr vorausschauend fahren… Aber es hat Spaß gemacht, und die Blicke der Inder verriet, dass auch sie ihren Spaß an dem idiotischen Deutschen hatten… Viel mehr gibt es aus dieser Stadt eigentlich nicht zu erzählen. Man erlebt sehr viel Neues, muss sich dabei aber nicht Stressen. Und das galt für unsere kompletten 5 Tage. Nettes erleben, aber nicht stressen lassen!
Auf dem Rückflug hatten wir mal wieder eine passende indische Situation. Bei unserem Zwischenstopp in Dheli zeigten die Monitore an, dass unser Flug statt um 19:30 schon um 18:15 gehen würde… Zeit sich zu sputen! Am Gate angekommen wusste niemand etwas… Und als dann zu dem Flug um 19:30 geborded wurde, war die Anzeige noch immer Falsch… Naja; wir sind pünktlich in Baroda angekommen und wurden von Ingo in Empfang genommen.
Die Tage bei Danni und Ingo waren echt super und entspannend. Die beiden mussten zwar wieder arbeiten (wobei Danni Krankheitsbedingt den Donnerstag zu Hause verbringen musste), aber die Abende wurden gut genutzt. Ich hatte Zeit mir die Stadt mit dem Rad und zu Fuß zu erkunden, oder den Pool der Anlage unsicher zu machen. Abends wurden dann die Spiele hervorgeholt und es wurde ne Runde gezockt. Am Samstag hatte Ingo die Super Idee nen Grillabend mit den Nachbarn zu machen. Super nette Leute und endlich mal wieder ne Bratwurst! Ingo: Super Idee! Danke!
Am Sonntag gab es dann den Ausflug mit der Nachbarschaft zu einem Schreiner, welcher einige Aufträge für Möbel bekommen hatte, aber typisch indisch die Timelines immer mal wieder außer acht ließ. Dafür hatte der Schreiner Zugriff auf einen alten Palast in der Innenstadt, welcher abgerissen werden soll. Hier ist ein wahrer Fundus für altes, schönes Holz, Bodendielen etc. Wir haben sogar Bodenfliesen auf einer echt großen Fläche gefunden, von denen schon einige herausgeklopft waren. Auf der Rückseite die Aufschrift von Vileroy und Boch mit der Jahreszahl 1911! Hier liegt nen Vermögen, und der Inder weiß es nicht. Mal sehen ob die beiden Nachbarn von Ingo ihren Plan umsetzen und die Fliesen aufkaufen…
Abends gab es den obligatorischen Tatort von der Festplatte. Man fühlte sich auf einmal gar nicht mehr in Indien…
Die Zeit bei den beiden verflog nur so. Aber am Dienstag war es dann mal Zeit weiter zu ziehen…
Eins kann ich noch verraten: Bei Danni und Ingo habe ich meinen Rückflug nach Deutschland gebucht. Am 22. April geht es für mich von Kalkutta nach Frankfurt, wo ich auch die Nacht verbringen werde. Am Samstag geht es dann mit dem Zug nach Rheda. Ihr müsst mich also bald wieder live ertragen 😉 Ich werde jetzt die letzten Wochen in Indien genießen! Wie ich das tue werde ich dann mal wieder berichten…
Fotos lade ich mal wieder nach Picasa hoch… Und dann bin ich mal gespannt, was Danni so über unsere gemeinsamen Tage so blogt… Werde dann mal nen Verweis setzen 😉
Beste Grüße
Die Kraskas
März 18th, 2011 um 21:36 Uhr